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Die Sicherheit muss immer Vorrang haben – Vision Zero

Am 04.10.2018 haben Radaktivisten am Deisterplatz zum Gedenken an den dort tödlich verunglückten Radfahrer Wolfgang Klausner ein „Ghostbike“ aufgestellt. Gerd Reincke, ADFC-Mitglied und langjähriger Aktivist hat einleitend folgende Rede gehalten“ „Liebe Angehörige, liebe Freunde, der vor uns liegende Deisterplatz ist ein Ort, der vollkommen geprägt ist durch den Autoverkehr. Er ist ungeeignet für den Aufenthalt von Menschen, man verlässt diesen ungastlichen Ort möglichst schnell wieder. Er ist nur dazu da, viele Automassen in die Stadt hinein und wieder heraus zu schaufeln, Sid Auffarth hat sie mal die „Verkehrsturbinen“ des MIV genannt, diese Mahnmale der autogerechten Stadt. Weil es außer dem motorisierten Verkehr auch noch andere Verkehrsteilnehmer gibt, die den Deisterplatz nutzen müssen/wollen kommt es vermehrt zu Unfällen. Der Deisterplatz ist ein Unfallschwerpunkt: 2017 gab es hier 13 Unfälle mit „Personenschäden“, wahrscheinlich auch zahlreiche nicht gemeldete/registrierte Unfälle. Am Dienstag, als ich hier stand, hat es gleich 2x gekracht. Am 30.08. ist Wolfgang Klausner dort drüben, bei den Blümchen von einem VW angefahren worden. Der Zusammenprall war so stark, dass Wolfgang das Rückgrat zerschmettert wurde, er verstarb am nächsten Tag. Er war 64 Jahre alt, laut Aussage seiner Tochter Janina ein leidenschaftlicher Radfahrer, der all seine Wege mit dem Rad erledigte. Er war mit Sicherheit einer von uns. Die konkrete Ursache des Unfalls ist nicht abschließend geklärt, die Polizei unterstellt, Zitat: „Bisherigen Erkenntnissen des Verkehrsunfalldienstes Hannover zufolge fuhr der Mann gegen 10:15 Uhr mit einem Damenrad auf einem Radweg entlang der Deisterstraße in Richtung Göttinger Straße. Im weiteren Verlauf überquerte er die Göttinger Straße (Fahrtrichtung Deisterkreisel) an einer Ampel bei Grünlicht und eine zweite Bedarfsampel (Fahrtrichtung Ricklinger Kreisel) offenbar bei rot. Auf der Fahrbahn wurde er dann von dem VW Golf eines 21-Jährigen erfasst, der zeitgleich auf der linken Spur der Göttinger Straße in Richtung Süden unterwegs war.“ Die HAZ hat sich dieser Darstellung angeschlossen. Die Darstellung suggeriert, dass Radfahrer immer bei rot fahren und selbst schuld sind. Dass der Hergang auch anders hätte sein können, wird nicht erwogen. Man muss sich die konkreten Bedingungen anschauen: Die 1. Ampel wird noch im Zusammenhang der Verkehrsströme geschaltet und hat lange grün. Dabei sind alle Autofahrer mit hohem Tempo unterwegs, um die Grünphasen zu erreichen. Die „Bettelampel“ lässt Fg und Rf lange warten, erst kommen die Autokarawanen aus der Bornumer Str. und dem Westschnellweg – die Querungszeit für Fg und Rf ist dann sehr kurz, nämlich nur 15 – 20 Sek.. Fazit: die getrennten Ampelschaltung an der Göttinger Str. sind gefährlich. Diese muss geändert und den Bedürfnissen von Rf und Fg angepasst werden – Janina Schan, die Tochter von Wolfgang Klausner hat das ebenfalls gefordert, nachzulesen in der NP vom 05.10.2018. Damit nicht noch mehr Todesopfer zu beklagen sein werden, müssen Konsequenzen aus diesem Unfall gezogen werden. Es müssen endlich Maßnahmen ergriffen werden, die zu einer höheren Sicherheit für Fußgänger und Radfahrer im Straßenverkehr Hannovers führen. Maßnahmen müssen präventiv getroffen werden, nach Gefahrenpunkten, nicht nur nach Unfallschwerpunkten, wenn Opfer zu beklagen sind. Mit Beschluss des Rates hat sich die Stadt Hannover zu Zielen einer Vision Zero verpflichtet. Vision Zero bedeutet, nicht der einzelne Verkehrsteilnehmer, der oftmals überfordert ist, muss für Sicherheit sorgen, sondern ein Verkehrssystem, das dem Verkehrsteilnehmer umfassenden Schutz bietet. Wir müssen die Stadt H. auffordern, endlich damit zu beginnen. Bevor wir uns jetzt auf den Weg machen, das Fahrrad aufzustellen, bedanke ich mich nochmal bei Janina, Wolfgangs Tochter, die diese Aktion tatkräftig unterstützt hat.“ Die Veranstaltung fand in den hannoverschen Zeitungen ein positives Echo. Die NP vom 05.10. widmet dem Thema eine ganze Seite, es ist damit im Fokus der Öffentlichkeit – es darf dort nicht so schnell wieder verschwinden, weil es absoluten Vorrang hat. Die Radinfrastruktur muss sicherer gemacht werden – das ist der zentrale Hebel den Unfallgefahren vorzubeugen. Dabei stehen sichere, getrennte Ampelschaltungen an erster Stelle, geschützte Radwege gehören dazu. Kostenargumente, wie sie gleich wieder aus dem Rathaus vorgebracht werden, sind in Anbetracht der schweren Unfälle der letzten Jahre keine Argumente – ich erinnere an die Unfälle an der Kreuzung Hamburger Allee/Celler Straße – ein 80jähriger Herr wurde von einem 40Tonner erfasst (2014), an der Kreuzung Hildesheimer Straße/Altenbekener Damm – eine Frau wurde von einem abbiegenden LKW erfasst und 30 m mitgeschleift und an der Kreuzung Vahrenwalder Straße/Industrieweg – hier wurde ein 11Jähriger vor den Augen seiner Mutter von einem 40Tonner erfasst. Auch der Unfall am 01.12.2017 in der Nordstadt am E-Damm, bei dem eine Fußgängerin getötet wurde, gehört in diese Bilanz, die sich auf mangelhafte Verkehrsanlagen gründet. Ich fordere die Vorstände des ADFC auf, zum Thema Sicherheit – Vision Zero eine Veranstaltung durchzuführen, zu der auch Vertreter der Stadt eingeladen  werden.